Brauchen wir Maria 2.0?

■ Mitte Mai 2019 wurde an einer Kirche in Freiburg i.B. von der sogenannten Bewegung „Maria 2.0“ ein Bild Mariens angebracht, worüber dann auch in Mainstreammedien berichtet worden ist. Dieses Bild hat großes Aufsehen erregt. Was viele Katholiken, denen der Glaube heilig ist und die eine gesunde Marienverehrung pflegen, an diesem Plakat maßlos ärgert, ist die Tatsache, dass da zwar ein durchaus traditionelles Bild der Muttergottes genommen worden ist, aber im unteren Teil ihres Mantels eindeutig der Genitalbereich einer Frau, das stilisierte weibliche Geschlechtsorgan, eingebaut worden ist. Somit ist die weibliche Vulva da zu einer Art Symbol für Maria gemacht worden – von angeblichen Katholiken! Das allein ist eine eindeutige anti-marianische und somit auch anti-katholische Provokation, die zweifelsohne nicht zufällig geschehen ist!
Was bei dieser Geschichte erschwerend hinzu kommt, ist die Tatsache, dass man es seitens der Freiburger Diözese zuließ, dass ein solches Bild mindestens mehrere Tage lang eine Kirche von außen „zieren“ durfte! Nicht wenige Pfarrer und Bischöfe solidarisieren sich sogar mit der betreffenden Bewegung und teilen auch ihre Forderungen nach entsprechenden dogmatischen Änderungen.
Somit wurde die Frauenbewegung „Maria 2.0“ mit einem Schlag sehr bekannt, die eine Reihe von Forderungen an ihre kirchliche Obrigkeit aufgestellt hatte. Diese sind:
1. „Wer in der Kirche Missbrauch begangen oder vertuscht hat, soll sein Amt verlieren“;
2. „Die Kirche soll mutmaßliche Täter an zivile Gerichte übergeben und mit Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten“;
3. „Frauen sollen Zugang zu allen Ämtern der katholischen Kirche erhalten“;
4. „Das Pflichtzölibat soll abgeschafft werden“;
5. „Die Sexualmoral der Kirche soll sich künftig ‚an der Lebenswirklichkeit‘ der Menschen ausrichten.“
Auf dem Plakat selbst ist der Spruch zu sehen: „Gegen Missbrauch und die Ausgrenzung von Frauen in der Kirche“.
■ Nun, die erste der oberen fünf Forderungen wird wohl von jedem normalen Menschen mitgetragen werden, denn sexueller Missbrauch von Kindern, sofern es darum geht, ist doch eindeutig ein gewaltiges Verbrechen. Da kann es ernsthafterweise wohl keine zweite Meinung dazu geben.
Allerdings sollte dann wahrheitsgemäß hinzugefügt werden, dass ja gerade die 1968-er Revolution und die darauffolgenden Jahrzehnte mit ihrem radikalen Abwerfen von allen gesunden Normen und bewährten Traditionen des Familienlebens nicht ganz unbedeutend auch zur rasanten Zunahme der Kinderpornographie und dem praktischen Ausleben der entsprechenden perversen „sexuellen Vorlieben“ beigetragen hat. Wurde und wird ja seitdem unsere Gesellschaft nicht nur generell in massivster Weise versexualisiert, sondern haben sich ja in jenen Jahren gerade links-grüne Politiker für die sogenannte „Enttabuisierung“ der sexuellen Handlungen von Erwachsenen mit Kindern ausgesprochen! Einer davon wurde dann, als wäre nichts gewesen, sogar Mitglied des Europa-Parlaments!
Unkraut muss ja bekanntlich mit der Wurzel herausgerissen werden, denn sonst wächst es schnell nach. Wenn man also berechtigterweise fordert, den sexuellen Missbrauch an Kindern und dann auch die betreffenden Übeltäter in der Kirche als solche gerecht zu bestrafen, dann müsste man in diesem Zusammenhang wohl auch jene Kreise klar beim Namen nennen und entsprechend „geißeln“, die wesentlich dazu beigetragen haben, dass in unserer Gesellschaft und den Massenmedien überhaupt eine solche desaströse Mentalität der weitestgehenden Verharmlosung von unnatürlichen sexuellen Handlungen entstehen konnte!
Warum tut man dies aber bei der Bewegung „Maria 2.0“ nicht? Das lässt darauf schließen, dass es sich bei dieser Bewegung eigentlich um ein ideologisches Projekt bestimmter anti-kirchlicher und anti-christlicher Kreise handelt, denen es nicht um die Sache an sich, sondern wohl eher um die Durchsetzung ihrer destruktiven Ziele geht. Sicher macht da auch eine Reihe von Menschen mit, die es ehrlich meinen, dann aber leider nicht sehen, wie ihre berechtigte Wut und Empörung über ein schlimmes Verbrechen instrumentalisiert werde. Denn würde man es ehrlich meinen und die ganze Problematik mehr sachlich als einseitig-emotional aufarbeiten wollen, müsste man viel objektiver herangehen!
Was die zweite Forderung angeht, scheint auch sie auf den ersten Blick berechtigt zu sein. Nur muss man dann genauer fragen und untersuchen, was denn da jeweils unter dem Begriff „mutmaßlich“ verstanden und angenommen werde. Wenn diese „Mutmaßlichkeit“ darin bestehen sollte, dass alle Indizien eindeutig in Richtung einer bestimmten Person weisen oder die Zeugenaussagen einer ganzen Gruppe von Kindern im Wesentlichen übereinstimmen, dann soll doch wirklich die Causa der entsprechenden staatlichen Instanz übergeben werden.
Wie viele Fälle gibt es aber, in welchen halbwüchsige Jugendliche einem Lehrer oder Priester mit entsprechenden Anschuldigungen nur eins heimzahlen wollten bzw. sich für deren legitime Strenge und Konsequenz in den Forderungen an die Jugendlichen rächen wollten? Bei einer solchen „Mutmaßlichkeit“ wird dem so beschuldigten (aber doch unschuldigen) Menschen sehr leicht und sehr schnell das ganze Leben ruiniert, und dann auch noch seiner ganzen Familie. Somit könnte es u.U. auch legitim sein, dass zuerst eine Voruntersuchung des Falls in der betreffenden Schule und Diözese stattfindet, bevor man in die breite Öffentlichkeit geht und die Causa dem weltlichen Gericht übergibt. Dabei darf es bei einer solchen Voruntersuchung natürlich kein Vertuschungsinteresse seitens der Verantwortlichen geben.
■ Im dritten Punkt fordert jene Gruppe das Priestertum der Frauen und auf dem Plakat kritisiert man die „Ausgrenzung von Frauen in der Kirche“. Dabei berufen sie sich ausdrücklich auf die allerseligste Jungfrau Maria.
Nun ist es aber interessant, dass Maria nie ins Apostelkollegium berufen worden ist! Jesus Christus, ihr göttlichen Sohn empfand zu ihr eine solche reine Liebe, dass Er sogar auch dann noch an sie fürsorgend dachte, als Er am Kreuz hing und während dieser schlimmsten Stunde Seines irdischen Lebens furchtbarste Schmerzen erleiden musste – indem Er sie nämlich der Obhut des hl. Apostels Johannes anvertraut hatte. Ab da sollte nämlich er sich an Jesu Statt um das Wohl Mariens kümmern.
Dabei hat Jesus während Seines öffentlichen Wirkens mit einer ganzen Reihe überholter Forderungen und Vorstellungen unter den Juden aufgeräumt und den eigentlichen und ursprünglichen Willen Gottes gelehrt. Hätte Er es gewollt und für richtig gehalten, hätte Ihn auch kein etwa auch patriarchalistisches Denken der damaligen Zeit davon abgehalten, etwa Maria oder eine andere Frau zur Apostolin zu berufen. Zumal die heidnischen Römer in der damaligen Zeit in der Gestalt ihrer Vestalinnen sehr wohl weibliche Priesterinnen hatten, also das Phänomen an sich sehr wohl bekannt war!
Auch bei den Aposteln genoss Maria höchstes Ansehen. Verharrten ja nach der Himmelfahrt Christi die Apostel auch mit ihr zusammen einmütig im Gebet (vgl. Apg 1,14). Und dennoch stellten sie Maria nicht ebenfalls zur Wahl auf, als es darum ging, für den Verräter Judas Iskariot einen Nachfolger ins Apostelkollegium zu wählen! Nein, sie stellten zwei Männer auf: „Joseph, genannt Barsabas“ und Matthias, wobei das Los dann ja bekanntlich auf Matthias gefallen war.
Also war Maria nie eine Diakonin, Priesterin oder Bischöfin, weswegen es auch komplett absurd ist, sie als eine Art Gallionsfigur bei der Forderung nach dem Priestertum der Frau aufzustellen! Auf sie kann man sich dabei auch noch deswegen nicht in geringster Weise berufen, weil sie selbst auch nicht die leiseste Absicht zeigte, etwa eine Weiheamt in der Kirche zu übernehmen. Sie hat damals bezeichnenderweise auch keine etwaige Bewegung „Apostel 2.0“ oder „Frauen in der Kirche“ gegründet, in welcher sie sich gegen „die Ausgrenzung von Frauen in der Kirche“ eingesetzt hätte!
■ Wenn man sich dann den 3. Punkt jener Forderungen anschaut, erkennt man, wie grundverkehrt die prinzipielle Herangehensweise an die betreffende Frage ist, wie essentiell falsch die Grundmentalität der betreffenden Menschen ist. Sie treten für etwas ein und übersehen dabei einen wesentlichen Umstand! Denn ihnen geht es bei der Frage nach den Leitungsaufgaben innerhalb der Kirche praktisch einseitig um die Frage nach der damit zusammenhängenden Macht! Das bildet ja den gesamten Kontext dieser ganzen Forderungen. Frauen sollten deswegen Priesterinnen werden, damit sie sich eben nicht ausgegrenzt fühlten, damit sie mitbestimmen könnten, damit sie ebenfalls Macht hätten!
Die ganze Frage nach der Berufung durch Gott bleibt aber komplett außenvor! Denn das erforderliche tiefe Bewusstsein eines jeden Weihekandidaten um die ihm zu übertragende Verantwortung kann nur aus dem Ruf Gottes entstehen bzw. abgeleitet werden, der ihn eben im betreffenden geistlichen Amt haben möchte. Jeder, der die Priester- geschweige denn die Bischofsweihe empfangen soll, muss sich dessen bewusst sein, welche große Verantwortung da auf seine Schulter gelegt wird, für die er sich wird verantworten müssen. Wer da an Macht denkt, ist definitiv fehl am Platz!
Jeder Kandidat, der ins Priesterseminar geht, meint zwar, er habe Berufung. Jedenfalls fühlt er sich zum Priestertum hingezogen. Während der betreffenden Studien klärt nicht nur er selbst, ob denn das geistliche Amt tatsächlich das ist, was ihn anzieht, sondern v.a. auch die Oberen haben die Aufgabe, festzustellen und zu entscheiden, ob da denn wirklich Berufung vorliegt. Sie haben eine solche Entscheidung sowohl anhand bestimmter Beurteilungskriterien als auch aufgrund der von ihnen gesammelten geistlichen Erfahrung zu treffen. Und diese Frage hängt nicht nur von dem Streben und Wissen des jeweiligen Kandidaten ab, sondern auch von einigen äußeren und physischen Gegebenheiten, die erfüllt werden müssen. Jeder versteht ja, dass z.B. ein (beinahe) Blinder oder ein (beinahe) Tauber nicht das priesterliche Amt ausüben kann.
Dann gehört aber auch die Zugehörigkeit zu dem männlichen Geschlecht – ausdrücklich nach dem Vorbild Jesu! – ebenfalls zu den essentiellen Voraussetzungen für den Empfang des Weihesakramentes! Dem männlichen Geschlecht bleibt nämlich ebenfalls eine großartige Sache versagt, und zwar ausnahmslos und in alle Ewigkeit – die Freuden einer Mutter zu erfahren! Ein solches Privileg ist auf der Ebene der Schöpfung grundsätzlich nur Frauen vorbehalten. Es wäre töricht, wenn Männer nun etwa einen Verein „Adam 2.0“ gründen und dann auch mit Plakaten an Kirchenwänden medienwirksam das Müttertum der Männer einfordern wollten.
So hat Jesus dann auch auf der Ebene der Erlösung, des neuen Lebens, vorgegeben und somit für Seine Kirche klar entschieden, dass grundsätzlich nur Männer das Sakrament der Priesterweihe empfangen und somit als geistliche Väter wirken können. Dieses Exklusivrecht der Männer ist auf der Erlösungsebene nicht minder wertig und bindend wie das Exklusivrecht der Frauen auf der Schöpfungsebene, Kindern physisch neues Leben zu schenken! Denn sowohl die Schöpfungs- als auch die Erlösungsebene haben beide gleichermaßen niemand geringeren als Gott zum Urheber und Gesetzgeber! Wie ein Mann physisch kein Kind empfangen und gebären kann, so kann vom Prinzip her keine gültige Priesterinnenweihe stattfinden, auch wenn man über eine Frau jemals äußerlich den Ritus der Priesterweihe ergehen lassen sollte.
Dies alles hat absolut nichts mit Fragen von besser oder schlechter, bevorzugt oder diskriminierend, sondern einzig und allein mit der Frage nach der Berufung Gottes zum geistlichen Amt zu tun! Denn gerade Maria hat mit allen ihren Worten und Taten, die uns in den Evangelien überliefert worden sind, gezeigt, wie wichtig und entscheidend es ist, dass ein Jünger Christi wie sie in ihrem gesamten Leben unbedingt von der Grundhaltung des demütigen Dienens beseelt sein sollte, und zwar an der Stelle, an welche Gott uns in Seinem für uns unbegreiflichen Ratschluss beruft! Man sollte dann eben damit zufrieden sein und daraus das Beste machen wollen – statt ungeordnet nach Ämtern und Möglichkeiten zur Machtausübung und Einflussnahme zu streben.
Weder hat sie jemals ein Anzeichen dafür gegeben, dass sie herrschen wollte, noch sich irgendwie unzufrieden über ihre ach so geringen Möglichkeiten zur Einflussnahme als Frau beklagt. Vielleicht gerade weil sie sich auf ihren eigenen ihr von Gott zugewiesenen Aufgabenbereich als Mutter beschränkt hatte (als ob dies wenig und unbedeutend wäre für die Familie, Gesellschaft und Kirche!), war sie in der Lage, z.B. auf der Hochzeit zu Kana die Not der Hochzeitsleute zu erblicken, denen der Wein auszugehen drohte. Statt da etwa die Frauen um sich zu sammeln, um etwa über ihre Unterdrückung durch die bösen Männer und alttestamentarischen Priester zu klagen, nahm sie feinfühlend diese Not wahr und gab ihrem Sohn lediglich den liebevollen Hinweis: „Sie haben keinen Wein mehr.“ Mehr musste sie nicht sagen, denn sie wusste, dass sie Ihm vertrauen könne, und Er tun würde, was Er für richtig hielte!
So ist dann vielleicht gerade dank ihrer Demut und Bescheidenheit das betreffende Wunder geschehen und „Er offenbarte dadurch Seine Herrlichkeit, und Seine Jünger glaubten an Ihn.“ (Vgl. Joh 2,1-11.)
■ Natürlich gibt es einen Missbrauch der Macht durch katholische Priester, Bischöfe und Päpste. Wo, in welchen großen Organisationen oder Gesellschaften, gibt es diesen denn in der einen oder anderen Weise bitte nicht? Da die Mitglieder des höheren Klerus alle ebenfalls nur schwache und sterbliche Menschen sind, erfahren sie die entsprechende Versuchung auch in ihrem Leben. Wie viele Priester, Bischöfe und Päpste haben aber einer solchen Versuchung erfolgreich widerstanden und sich als echte und vorbildliche Hirten ihrer Gläubigen erwiesen?
In der Ehe versprechen sich die Paare ja auch ewige Liebe und Treue. Halten sich denn dann im praktischen Leben alle immer daran? Und trotzdem heben wir das Institut der Ehe nicht auf, sondern schärfen den Brautpaaren weiterhin die richtigen Gebote ein und fordern sie dazu auf, sie unbedingt einzuhalten.
Daher ist es komplett unrealistisch und sogar menschlich naiv anzunehmen, die Zahl und der Umfang der Machtmissbrauchsfälle in der Kirche würde nennenswert zurückgehen, wenn nur Frauen und verheiratete Männer zur Priesterschaft hinzustoßen würden. Denn das ist ja auch unterschwellig ein Argument der liberalen Kreise, die alle Übel u.a. auch auf den Zölibat, auf die Verpflichtung zur Ehelosigkeit und geschlechtlichen Enthaltsamkeit katholischer Priester zurückführen.
Danach, wenn bei der „Konzilskirche“ in der näheren bis mittleren Zukunft sowohl der Zölibat als auch das Verbot des Frauenpriestertums fallen wird (und das wird da geschehen!), werden halt auch Frauen genauso ihre Macht missbrauchen und kranke Köpfe sich auch dann an Kindern vergehen, wenn sie verheiratet sind! Denn diese beiden großen Übel bzw. Verbrechen entspringen in ihrem Kern hauptsächlich sowohl einer generellen falschen Einstellung im Leben als auch sind speziell u.a. eine Frucht einer perversen allgemeinen Versexualisierung der Gesellschaft! Denn wenn man überall nur Nackte zu sehen bekommt und einem nahegelegt werde, man solle sich doch auch in dieser Hinsicht unbedingt ausleben…
Diese Gruppe nennt sich „Maria 2.0“ und gibt somit indirekt zu erkennen, dass sie mit der echten Maria, der allerseligsten Jungfrau Maria und der gebenedeiten Mutter Jesu Christi eigentlich nichts anzufangen weiß. Denn auch das, was sie in ihren Veröffentlichungen und auf Plakaten konkret fordern, steht im klaren Widerspruch zu dem, was die historische Maria gelebt und vertreten hat.
Deswegen sehen sie auch kein Problem darin, die Muttergottes mit einer stilisierten Vulva in Verbindung zu bringen und somit zur Blasphemie als Mittel zur Durchsetzung ihrer Ideen zu greifen. Beten wir für diese Irregeleiteten und versuchen wir, der Muttergottes durch unsere Gebete und andere Akte der Verehrung und Buße eine Art von Ersatz für jene Beleidigungen anzubieten! Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns, Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

P. Eugen Rissling

 

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